60 Jahre Hemmersbach

Die faszinierende Geschichte eines Nürnberger Familienunternehmens

Die Nürnberger Firma Hemmersbach ist heute ein international aufgestellter IT-Spezialist. Doch die wurzeln, das ist relativ unbekannt, liegen in einem florierenden Nürnberger Handwerksbetrieb, 1961 gegründet.

Dieser Beitrag von Peter Budig erschien zuerst in der „Rundfunk und Museum“, Mitgliederzeitschrift des Fördervereins des des Fürther Rundfunkmuseums im Februar 2021.

Er ist ein Nürnberger Vorzeigeunternehmer, Ralph Koczwara, 43, ein Mann, der aus kleinen Anfängen eine Weltfirma mit heute gut 4000 Mitarbeitern und Niederlassungen in 40 Ländern in kaum mehr als 20 Jahren entwickelt hat. „Hemmersbach – Empowering IT Infrastructure Everywhere” steht auf der englischsprachigen Homepage: „Wir bieten Dienstleistungen für große IT-Unternehmen; wir installieren und reparieren weltweit Computer“, bringt er sein Geschäftsmodell auf einen kurzen Nenner. Device as a Service (DaaS) lautet der Fachbegriff dafür. DaaS bezeichnet das Angebot, Computerausstattungen (Hardware, Software, Service …) als kostenpflichtigen Dienst zu organisieren. „DaaS kombiniert Hardware, Software und alle Lebenszyklusdienste einschließlich der Finanzierung in einem einzigen Vertrag mit einer nutzungsabhängigen Gebühr“, heißt es auf der Homepage.

Die Wurzeln von Hemmersbach sind ein kleiner Handwerksbetrieb

Das Radio- und Fernsehgeschäft Hemmersbach um 1970 in Nürnberg

Den Namen Hemmersbach kennen ältere Nürnberger aus einem anderen Kontext: „Das war doch das Radio-Fernsehgeschäft am Hauptbahnhof, meine Oma hat da immer alles gekauft“, lautet eine gängige Beschreibung. Und Leute aus der ganzen Metropolregion erinnern sich, dass man „beim Hemmersbach“ stets anrief, wenn man eine Garantieleistung oder einen Kundendienst für ein defektes Gerät anfordern wollte. „Dann kam ein Monteur und hat das repariert oder ausgetauscht“.
Rudolf „Rudi“ Hemmersbach kam am 15. Januar 1932 zur Welt, mit 18 Jahren legte er die Gesellenprüfung im „Radio-Mechaniker-Handwerk“ ab. 1961 machte er sich, inzwischen Radio- und Fersehmeister, selbstständig. Ein Reparaturservice und Antennenbau waren seine Geschäftsideen in der Gudrunstraße in der Südstadt. Anfangs hatte er zwei, bald fünf oder sechs Mitarbeiter. Die Nachfrage wuchs und mit Fleiß und guten Ideen entwickelte sich der Betrieb. Angelika Schmidt erinnert sich gut an die einzelnen Stationen, die vor allem durch Umzüge der wachsenden Firma ihren Ausdruck fanden. Die 1951 geborene Oberfränkin kam mit 18 Jahren nach Nürnberg und fing bei Hemmersbach im Büro an, sie blieb im Familien­unternehmen, bis sie 2013 in Rente ging. „Hemmersbach war fleißig und hatte eine gute Nase, wie er seine Angebote an den Mann bringen konnte“, erinnert sie sich. Bald überzeugte er regionale Baugenossenschaften, ihm techische Aufgaben ganz zu übertragen, vor allem der Antennenbau florierte. 1973 hatte die Firma etwa 30 Beschäftigte, in dieser Zeit zog sie das erste Mal um in ein Gebäude am Frauentorgraben 11, an der Stelle, wo heute das Maritim Hotel steht. 1977 kam dort der Ladenverkauf von Elektrogeräten hinzu.

Hochzeit: Rudolf Hemmersbach und seine Frau Grete 1954. (Fotos: privat)

Dieses Geschäft, das viele heute noch mit dem Namen Hemmersbach verbinden, zog 1984, als der Hotelbau begann, an den Nürnberger Bahnhofsplatz. Bedeutender für die Firmenentwicklung war jedoch der wachsende Servicebetrieb. Hemmersbach schloss Verträge zunächst mit den beiden Metro-Filialen in Eibach und Buch ab. Er installierte auf Kundenwunsch neugekaufte Geräte, übernahm Garantie- und andere Reparaturleistungen und hielt in großem Umfang Ersatzteile für Geräte vor. Es folgten ähnliche Aufträge für Karstadt, Kaufhof und andere. In den ­80ziger Jahren baute der rührige Mann ein zunächst Deutschland-weites, dann auch Österreich, die Schweiz und Liechtenstein umfassendes Servicenetz auf. Sein Vorgehen war geschickt – meist suchte er sich Elektrofachleute vor Ort und schloss mit Ihnen Servicevereinbarungen ab. In seinem Namen übernahmen sie Aufträge von Hemmersbachs Großkunden. Zum Höhepunkt seines Geschäftslebens hatte diese Firma Hemmersbach 180 Mitarbeiter, Firmenstandort war nach weiteren Umzügen (Rohrmannstraße) nun ein eigenes großes Gewerbegebäude im Ötterichweg.

Der Erfolg veränderte das Wesen des Handwerkermeisters nicht, „er blieb immer ein freundlicher, umgänglicher Mann, dem das Wohlergehen seiner Mitarbeiter am Herzen lag“, erinnert sich Schmidt, die bis zuletzt die Buchhaltung verantwortete. Neben dem Haustechnik-Service war Hemmersbach auch Servicedienstleister für Handel und Industrie und kümmerte sich um Schreib- und andere Büromaschinen. In den 80ziger Jahren umfasste das hauseigene Ersatzteillager 34.000 Positionen und Hemmersbach hatte in ganz Deutschland einen guten Namen.
Doch ab den 90er Jahren zog das Geschäftsprinzip nicht mehr: „Die heutige Wegwerfgesellschaft nahm damals ihren Anfang. Das Reparieren wurde zu teuer und Geräte, vom Fernseher bis zur Mikrowelle einfach ausgetauscht, wenn sie nicht mehr funktionierten“, erinnert sich Schwiedersohn Otto Bugl. 1999 starb Rudolf Hemmersbach und hinterließ seiner Frau Grete (die 2011 starb) und den beiden Töchtern Astrid und Karin umfangreichen Immobilienbesitz. Zuletzt arbeiteten noch etwa 20 Menschen in der Firma, doch die Serviceaufträge gingen weiter zurück.

Ralph Koczwara war von Jugend an Unternehmer

An dieser Stelle kommt im Jahr 2000 Ralph Koczwara ins Spiel. Sein Vater hatte bereits eine Computer- und Computerservicefirma aufgebaut. „Seit dem 14. Lebensjahr hab ich aktiv mitgearbeitet“, erinnert sich der Unternehmer, der nach dem Abitur ganz ins Geschäft einstieg, ohne weitere Ausbildung: „Ich habe nur zwei offizielle Scheine, das Abitur und den Führerschein“, erzählt der Selfmademan gerne neuen Mitarbeitern, bei denen er weniger auf Ausbildungsmeriten setzt, als „auf die Bereitschaft sich zu engagieren und sich weiter zu entwickeln“.

Zu Hemmersbach kam ­Koczwara, weil er Mieter in der Immobilie am Ötterichweg war. Natürlich blieb nicht verborgen, dass das einst florierende und wachsende Unternehmen mit seinen Serviceangeboten längst nicht mehr auf offene Märkte traf. Doch das weit gespannte technische Service-Dienstleisternetz und der gut eingeführte Firmenname lieferten überzeugende Gründe, die alteingesessene Firma Hemmersbach zu kaufen. Koczwara übernahm die Mitarbeiter – bis auf Angelika Schmidt, die mit der Familie Hemmersbach das Unternehmen verließ und sich künftig um die Verwaltung derer Immobilien kümmerte.
Für Ralph Koczwara und seinen alten Schulfreund und unternehmerischen Begleiter Darek Stanczyk begann das schwindelerregende Wachstum der neuen Firma Hemmersbach, die mit dem Handwerksbetrieb von einst nichts mehr gemein hat. Von nun an boten sie IT-Dienstleistungen deutschlandweit an und bald nur noch für große (IT-)Unternehmen. Mehrmals (2013, 2016, 2019) wurde Hemmersbach mit dem Preis „Bayerns Best 50“ als eines der wachstumsstärksten Unternehmen im Freistaat ausgezeichnet. Das besondere Firmenkonzept funktioniert so: „Wir kombinieren Hardware, Software, Lifecycle-Services und deren Finanzierung im großen Stil in einem einzigen Vertrag mit einer Gebühr pro Gerät (pay per use)“, so der Firmenchef. 2006 eröffnete Hemmersbach die erste internationale Niederlassung in Polen, wo heute über 1000 Mitarbeiter arbeiten. Inzwischen hat die Firma – die jedes Jahr enorm gewachsen ist – 4000 Mitarbeiter*innen weltweit in 50 Niederlassungen und ist in 190 Ländern tätig.

Hemmersbach Rhino Force rettet afrikanische Nashörner vor dem Aussterben

Unternehmerischer Erfolg genügten Koczwara nicht als Lebensziel. Seine auffallendste Begabung, schnell nachhaltige Lösungen für einmal erkannte Probleme zu finden, hat er bald „höheren Zielen“ gewidmet.
2016 traf er im Urlaub in Südafrika einen Mann, der ihm unter Tränen erzählte, dass bald alle afrikanischen Nashörner niedergemetzelt sein würden. International organisierte Syndikate töten Nashörner für ihr Horn, das „weiße Gold“. Ergriffen nahm sich Koczwara des Problems an, organisierte binnen zweieinhalb Jahren mit der „Hemmersbach Rhino Force die beste Eliteeinheit im Kampf gegen Wilderer in Afrika“. „Saving Rhinos from Extinction“, die Bewegung des „crazy German“, ist überall in Simbabwe und Südafrika ein Begriff.

Ralph Koczwara in Afrika mit „seinen“ Nashörnern. (c) Hemmersbach

Auch ein weiteres soziales Projekt, die „Marara Ladies“ dient indirekt dem Tierschutz. Die Afrikanerinnen sammeln enorme Mengen von Müll von den Straßen und werden dafür honoriert. „Das lindert die bittere Armut und bringt die lokale Bevölkerung auf unsere Seite, die sonst mit den Wilderern kooperieren“, schildert Koczwara, wie er Stück um Stück hilfreiche Netzwerke installiert. 20 Prozent des Firmengewinns jährlich werden für soziale Zwecke aufgewandt, zu denen u.a. auch „Hemmersbach Kid’s Familiy“ (Kinderhilfsprojekte in Indien und Polen) gehören und an denen viele Hemmersbach Kolleg*innen aktiv mitwirken.

Für seine „social purposes“ akzeptiert Koczwara keine Spenden von Dritten – „wir wollen unabhängig sein und uns ganz auf die Problemlösung konzentrieren“, konstatiert der Unternehmer mit der festen Absicht, so die Welt besser zu machen. Im Sponsoring-Bereich engagiert sich Ralph Koczwara für den Handball-Bundesligisten HC Erlangen.

https://www.hemmersbach.com/

Hemmersbach Rhino Force TV-Beitrag