Beim Schmiebauer in Ottmaring

Die ideale Ausbildung …

… das war die Aufgabe für eine Titelgeschichte

„erschienen im Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt, Ausgabe 39, Seiten 53 bis 56, www.wochenblatt-dlv.de

Sie bestand aus mehreren Teilen, Besuchen zum Beispiel im Staatsgut Schwarzenau im Unterfranken. Grundsätzlich ging es um den Staatsehrenpreis für Ausbildung in der Landwirtschaft, den Staatsministerin Michaela Kaniber im Herbst 2020 neu ausgelobt hat.

Auf meiner Homepage poste ich nur den Besuch bei den Mosandls, also beim „Schmiebauer“ in Ottmaring

Zum Titelbild: Das ist ein Erfolgsergebnis der Mosandl’schen Milchkuhzucht und hängt als Porträt in der Küche. Alle Fotos: (c) Budig

Beim Schmiebauer in Ottmaring

Die perfekte Ausbildung? Man muss es deutlich sagen, verglichen mit dem Staatsgut Schwarzenau ist der Hof der Mosandls – eine ganz andere Art von idealer Landwirtschaft. Es ist eine Annäherung an die Wirklichkeit, aber eben doch auch wieder – zu schön um wahr zu sein? Ottmaring bei Dietfurt, direkt am Donaukanal, die Altmühl, die dem ganzen idyllischen Tal den Namen gibt, macht hier eine eigensinnige Biegung. Und so eigen-sinnig wie die Natur, sind die Wege der Mosandls, wie sie sich im Markt positionieren. Das wirkt sich natürlich auf das Ausbildungsgeschehen aus. Aber um es vorweg zu nehmen: Probleme, einen Anwärter zu finden, haben sie hier nicht.

 

Ottmaring. 230 Einwohner plus neuerdings ein Campingplatz – ein Bolzplatz, eine Kfz-Werkstatt, eine katholische Kirche. Keine Straßennamen, nur Hausnummern. Am Hof leben die Altbauern Elisabeth und Josef Mosandl, beide um die 60, gemeinsam mit dem Auszubildenden Michael Geisler. „Bei uns ist Platz, die Jungen sind ja draußen“, sagt Elisabeth Mosandl. In einem eigenen Haus wohnen die Jungen, Martin und Lucia, um die 40, mit ihren drei Kindern, der Älteste, Quirin, ist neun, dazwischen Mathilda (7) und der Jüngste, Moritz, vier Jahre alt. Zum Betrieb gehören etwa 160 Hektar Land, 30 Hektar Grünland, 130 Milchkühe, 40 Kälber und etliche ausgesuchte Zuchtbullen. Die Zucht, davon wird zu reden sein, ist das Alleinstellungsmerkmal des Mosandl-Hofes. Der Auszubildende Michael, 18 Jahre jung, kommt aus einem Hof aus Nittenau bei Schwandorf, den er übernehmen will. Es ist sein letztes Lehrjahr, das erste praktische Jahr hat er daheim absolviert. Die Beziehung des Lehrlings mit seinem Lehrherrn hat der Vertriebsmann der niederländischen Firma Lely hergestellt, die den Melkroboter für beide geliefert hat. Die Arbeitswoche des Auszubildenden dauert von Montag bis Donnerstag, Freitag ist Berufsschultag, am Wochenende fährt er nach Hause. Auch hier ist er in den Alltag der Landwirtschaft eingebunden.

Martin Mosandl und Azubi Michael Geisler

„Bildung soll Schöpfer hervorbringen“, dieses Motto des Schweizer Psychologen Jean Piaget drückt aus, was Martin Mosandls Ausbildungsziel ist. Deshalb wählt er vorwiegend junge Menschen, die später selbstständig arbeiten wollen. „Wir hatten bisher 19 Azubis, davon zwei Frauen und zwei Praktikanten“, rechnet Martin Mosandl nach. „Wir haben fast nur gute Erfahrungen gemacht“. Kürzlich fuhr Mosandl auf eine Jundzüchterschau und nahm zwei frühere Azubis mit, dort trafen sie drei weitere. Großes Hallo. „Da war ich natürlich stolz, dass ich die Begeisterung weitergeben konnte“, sagt Martin Mosandl. Einer der Ex-Mosandl-Azubis heißt Michael Artmann, ist 20 Jahre alt, inzwischen seit zwei Jahren Landwirt und wieder auf dem elterlichen Bauernhof zu Hause. Auf die Jahre beim „Schmiebauer“, so der Hausname, blickt er mit Begeisterung zurück, er gerät regelrecht ins Schwärmen: „Was der weiß und kann, über die Zucht, über Zuchtlinien, das weiß sonst keiner. Das ist ein brutales Wissen. Und der sagt Dir alles, wenn es Dich interessiert.“

„Zucht ist Denken in Generationen“, erläutert Martin Mosandl. Seine Mama ruft dazwischen: „Der Martin hat mit zwölf angefangen, sich für die Zucht von Kälbern zu interessieren, der ist zu jeder Schau gefahren und hat jeden ausgefragt“, berichtet sie von einer frühen Leidenschaft. Diese Klarheit und Vorgehensweise hat System, auch in anderen Lebensbereichen. „Das ist hier eine Charakterstelle“ sagt er, „Charakter braucht es von beiden Seiten“ – das ist sein Prinzip der Ausbildung zum Landwirt. Das Vorgehen der Mosandls bei der Lehrlingsanstellung, hat sich seit Jahren bewährt: „Erst die Bewerbung; dann lädt man den Bewerber zum Kennenlernen ein, dann Probearbeiten, drei bis fünf Tage. Dabei wird geklärt, um was es hier geht, was wir verlangen, was wir bieten. Dann weiß man meist schon, ob das was wird – beide wissen das“, verrät er sein bewährtes Vorgehen. Dazu gehört es, das Arbeitszeit zu klären: „Das ist eine Ausbildung für spätere landwirtschaftliche Unternehmer“, sagt Mosandl bedächtig. Sein Frau Lucia, die in jungen Jahren im Haus der bayerischen Landwirtschaft am Ammersee arbeitete und dort ihren Mann kennengelernt hat, nennt das Kind beim Namen: „Es geht sich einfach mit acht Stunden nicht aus, man fängt früh an und kann um Fünf nicht aufhören und alles liegen lassen. Und wenn der Auszubildende was lernen will, muss er dabei sein.“ Michael Geisler, der aktuelle Azubi und wie gesagt, Sohn eines Landwirts und wahrscheinlich dessen Nachfolger, kennt das nicht anders. Und wie wird Gerechtigkeit hergestellt? „Da gibt es eine Reihe von Möglichkeiten: Bonuszahlungen, Tankgutscheine, Arbeitskleidung, natürlich auch extra freier Tage, was sehr beliebt ist, wenn daheim Not am Mann ist – und eines darf man nicht vergessen, ich zahle auch mit Know-how“, erklärt Martin Mosandl und sein Lehrling nickt. Nachgefragt beim Ex-Azubi Artmann, denn Michael Geisler ist erst seit 1. August beim Mosandl: „Das ist definitiv korrekt“, sagt er. „Der fördert Dich total, das ist super, wenn es Dich interessiert: Er erklärt Dir alles, er weiß Sachen, wie sich Generationeneinflüsse bei der Zucht auswirken. Aber der weiß das nicht theoretisch. Der kennt jede zuchtrelevante Kuh und ihre Eigenschaften, er weiß über die Vorzüge von ihren Eltern Bescheid und hat das alles im Kopf parat. Und so entsteht dann mit der Zeit ein Bild in deinem Kopf, das du selbst erweitern kannst und das nutzt dir total, wenn du in diese Richtung gehen willst.“ Was fordert er als Chef? „Na ja, der sagt schon genau wie er es will. Aber er erklärt immer, warum. Es kommt ja noch dazu, dass der Papa, der Josef Mosandl, genau so einer ist, so ein Superexperte, nur eben beim Thema Pflanzenbau. Du hast also zwei Superausbilder. Das ist einfach extrem cool. Allerdings, nach dem Erklären musst Du es auch so machen. Genauso. Nicht irgendwie wischi-waschi.“

Für Martin Mosandl folgt die Ausbildung zum Selbstdenker einem klaren Konzept: „Man muss am Anfang ein Bevormunder sein. Ganz klar sagen, wie es sein soll. Genau hinsehen, dass es so geschieht. Und dann, möglichst früh, soll der Azubi immer mehr selbst handeln, eigenständig. Ziel ist, dass er den Stall recht bald alleine hinkriegt. So um Weihnachten muss das laufen.“ Der neue Auszubildende Geisler, der ja auch aus einem Zuchtbetrieb kommt, hat die erste Hürde nach gut einem Monat schon genommen: „Ich hab kürzlich die erste Kuh für die Auktion hübsch gemacht“, erzählt er, also eine Verkaufsoptimierung.

Im Geschäft mit der Zucht ist Martin Mosandl ein bayernweit anerkannter Experte. Ein Ausnahme-Zuchtbulle wie Villeroy, der 2014 auf den Markt kam, erbrachte 26.000 Euro. Solche Erfolge sorgen für große Beachtung unter den Kollegen. Doch was er genau bringt, Spitzentiere erzielen auch mal Preise über 100.000 Euro, das liegt an vielen Eigenschaften, die wiederum Moden unterliegen, was gerade nachgefragt wird. Und in diesem Spiel der Züchter, da macht dem Martin Mosandl keiner was vor. Zum gut laufenden Stall, gehört auch eine gute Futterqualität, das ist das Steckenpferd vom Senior Josef. Bei den Mosandls wurde heuer viermal gemäht und sie sind mitten in der Maisernte. Die großen Silierkipper zu fahren, ist immer ein Highlight für die Azubis, und zeigt auch das Vertrauen, das ihnen entgegengebracht wird. Nach der Ernte steht der Ackerbau im Vordergrund. Neben der Wintergerste als Futtergetreide werden auch die Marktfrüchte Winterweizen und Braugerste am Betrieb angebaut. Hier sind die Lehrlinge von der Aussaat bis zur Ernte immer mit dabei. Dazu gehört auch der monatliche „Ackerbau Stammtisch“. Hier holen sich die Mosandl´s und weitere Berufskollegen aus der Gegend einen Ackerbauprofi, um die Bestände und die Strategie zu optimieren.

Gab es eigentlich nie Konflikte? Das fragen wir am Schluss den Altazubi Michael Amtmann: „Es gab schon mal klare Ansagen. Aber richtig Ärger? Nein. Der hat mich nie fertig gemacht, so wie ich es von anderen auf Berufsschule gehört hat. Der ist einfach ein Vorbild.“