Amanda

Amanda und ein Schweinchen ohne Fortune

Sebastian Reich verzaubert das Fürther Publikum mit Hilfe seiner reizenden Nilpferddame

Ganz schön mutig: Noch elf Mal bis zum 10. Juni 2018 spielt Sebastian Reich in der Comödie Fürth – und der Vorverkauf bestätigt, dass das Wagnis gar keines ist. Sebastian wer? Der Würzburger Bauchredner und Comedian ist der Begleiter der wunderbaren Amanda!

Wenn es jemand schafft, nur mit dem Vornamen ein Glänzen in den Augen der Menschen hervorzurufen, dann muss er ein großer Star sein: Ronaldo, Madonna, Falko, Shakira, Ötzi – und Jesus. Für Amanda, die diese Reihe beliebig fortsetzen kann, ist also die Sache geritzt, wo sie auf der Skala der Größten einzuordnen ist. Dass ihr diese Überzeugungsarbeit in Fürth so aus dem Stand gelingt, ausgerechnet hier, wo die Menschen ihr Herz schon lange an ein andres Nilpferd, an Elsbeth verschenkt haben, zeigt welcher Zauber von dieser Stoffpuppe ausgeht.

Amanda bittet Publikum zum Shooting. Fotos: Peter Budig

Für den Auftaktabend in der Comödie nimmt es Amanda sportlich: Sie trägt einen blauen Joggi aus Herzogenaurach mit drei schicken weißen Streifen. Sebastian, der manchmal etwas schüchtern neben seiner Rampensau-Begleiterin steht, trägt Jeans und Jackett und ein Amanda-T-Shirt und auch sonst gibt seine Zweitstimme aus dem Bauch, die er Amanda leiht, hier den Ton an. Es ist also auch ein Meisterwerk der Schizophrenie, der permanenten Selbsterniedrigung und des sinnlosen, weil nie gewinnbaren Streites zweier Ichs, die den Reiz des Reich‘schen Comedy-Konzeptes ausmachen. Und ganz ehrlich, Pumuckl, Alf und Karlsson vom Dach haben es vorgemacht, dass man mit egomanischer Unverschämtheit und frecher Selbstüberschätzung die Menschen in den Bann ziehen kann. Amanda gibt es ihrem Herrn Reich gleich am Anfang: „Ich werde niemals einen Kerl heiraten, der mit Puppen spielt“. Gleichzeitig weiß natürlich auch sie, wer hier wirklich das Sagen hat, zum Beispiel ob sie endlich ein iPhone bekommt. Aber mit Schmeicheleien würde sie es nie versuchen. Der Meister muss schon wissen wo er steht, nämlich tief neben-unter ihr, und nur, um ihr mit seiner rechten Hand Leben zu schenken. Ein Leben, das mal rhythmisch-tänzerisch, mal schmollend, mal giggelnd oder empört aufschreiend, aber immer im oberen Teil der Skala der emotionalen Ausbruchs­möglichkeiten stattfindet.

Der Saal der Comödie ist am Mittwoch-Abend bis zum letzten Zentimeter gefüllt, draußen kühlt der Sommertag nur langsam ab und drinnen ist „Saunaklub“ angesagt, wie Amanda treffend lästert. Das tut der Stimmung keinen Abbruch, solange die Getränkekarte ihre Umwidmung zum Fächer mitmacht. Die Leute wissen, was von ihnen verlangt wird, dass sie nämlich mitmachen und Wünsche äußern sollen, die in Zetteln abgeliefert werden. Das Konzept heißt schließlich „Glückskeks“  – man zieht philosophische Sentenzen unbekannten Inhalts aus bröseligem Teig: „Vertraue nur Deinem Arsch. Er steht immer hinter Dir“ ist vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss – aber aus Amandas Mund wirkt manches schöner, als schwarz-weiße Wirklichkeit auf Papier das vermag. Zum Beispiel das lustige Roßtal-Stalking, das sich durch den Abend zieht, u.a. in diesem Witz: „Ein Vampir wird in Roßtal von der Polizei angehalten: „Haben Sie etwas getrunken?“ – „Ja. Ein Radler“.

Seit 16 Jahren ist der Puppenspieler mit Amanda on Tour. Kein Wunder, dass sie nicht mehr den ganzen Abend durchhält und Verstärkung erhalten hat: Ein Esel, der vom Comedian zum Trauerredner umgeschult hat und ein rosa Marzipanglücksschwein ohne Fortune. Wer bisher Mitleid mit Sebastian Reich hatte, wird nun das Lager wechseln, sobald Schweinchen Pig Nic aus seinem Leben als Glücksbringer berichtet: Es begann auf einer Baustelle in Berlin, erst nach und nach erfuhr sie, dass dort ein Flughafen entstehen sollte. Später wechselte es nach Wolfsburg zum Bundesligisten und dann zur Volkshochschule in Hamburg. Erst nach und nach begriff Pig Nic die Verwechslung: Nicht der VHS, dem HSV sollte sie Glück bringen. Als das nichts wurde, heuerte das unglückliche Maripanschwein (mit Diabetes 2 schwer am Zucker leidend), beim bärtigen Herrn Martin Schulz an. An uns ist der Kelch zum Glück vorbeigegangen: „Das Kleeblatt hat mich nicht gewollt“ verkündet Pig Nic und die Erleichterung ist mit Händen zu greifen. Nach solch tierischer Wucht kommt noch ein alter, nackiger Puppenkerl auf die Bühne. Herr A Mohr, mit Glatze, Glupschaugen und weißem Bart hört und sieht kaum noch, doch unverdrossen, wie es bald üblich sein wird, setzt er seinen Beruf fort: Er ist Heirats­mittler, sein Slogan: „A Mohr vermittelt verlässlich, egal ob dumm oder hässlich“. Für Amanda is die Sache klar: „Das ist mein Stalker. Der verfolgt mich schon ewig“. Sebastian Reich, erschöpft von der Vielzahl seiner Stimmen und der Hitze im Saal gibt einen guten Rat mit nach Hause: „Empfehlen Sie uns weiter, wenn es gefallen hat. Wenn nicht: Kommen sie öfters wieder. Man gewöhnt sich an alles“. Wir entscheiden uns eindeutig: Für die Empfehlung!