Alpakas

Anja Reichert hat sich ins Alpaka-Halten gut eingearbeitet. Fotos: Budig

Alpaka-Wanderungen mit Brotzeit

Familie Reichert züchtet statt Milchkühen nun die kleine Kameltierrasse

Als Nebenerwerbsbauern haben die Reicherts aus Vogtsreichenbach die Milchkühe längst abgeschafft. Die freie Zeit, den freien Platz widmen sie der Alpaka-Zucht. Außer traumhaft weicher Wolle gibt es wenig zu ernten, aber viel Freude zu gewinnen. Die teilen sie jetzt mit Besuchern, die auch noch eine deftige Brotzeit dazu bekommen.

Erstaunt und freundlich recken die sieben Alpakas von Vogtsreichenbach ihre hübschen Köpfe mit dem lustigen Punk-Kamm. Die „kleinen Lamas“ aus den südamerikanischen Anden, wo sie ursprünglich herstammen, als neugierig und aufmerksam zu bezeichnen, ist keine menschliche Tierverniedlichung. Das Interesse der Herdentiere ist nicht gespielt, sondert gehört zu ihrer Art. Ebenso wie eine angeborene Scheu. Ein Stücklein kommen sie dem Besucher entgegen, blicken ihn mit hübschen großen Augen fest an. Dann weichen sie wieder zurück. Gestreichelt werden wollen sie nicht – ihre Art der Annäherung ist das gegenseitige Nasestupsen. Doch wenn man sie doch anlangt, fasst man in eine traumhaft weiche, urkuschelige Wolle, deren Qualität der der berühmten Kaschmirziege weit überlegen ist.

Gandolf, Polaris und Merlin, die drei „gelegten“ Wallache und Juanita, Esmeralda, Sarafina und Socke („die Mädels“) leben in Vogtsreichenbach bei Ammerndorf auf dem Reichertshof. Hinterm Familienhaus, in dem drei Generationen zusammen wohnen, erstrecken sich frühere Stallgebäude und dann ein größerer Offenstall und eine riesige Weide für die Alpakas, die seit 2015 hier zu Hause sind. Außerdem hat der Nebenerwerbs­landwirt Georg Reichert ein schickes Holzhaus daneben gebaut, wo Gäste formidabel bewirtet werden. Seine Frau Anja, die sich „in die Tiere auf den ersten Blick verliebt hat“, ist eine praktisch veranlagte, tüchtige Jungbäuerin. Sie hat die in Deutschland bei Bad Tölz gezüchteten Tiere nicht nur ins Herz geschlossen, sondern auch etliche Lehrgänge und Fortbildungen besucht. Das Wissen gibt sie an Besucher-Runden weiter oder bei Kindergeburtstagen. Über Mund-zu-Mund-Propaganda ist diese Freizeit-Veranstaltung schon recht bekannt geworden. Gruppen bis höchstens zehn Menschen kommen zum Reichertshof und dürfen in der hügeligen Berg-Wald-und Wiesen-Landschaft mit den gehalfterten Tieren zwischen den Karpfenweihern spazieren gehen. Diese Alpaka-Touren hat Anja Reichert monatelang geübt. Nun wissen die Tiere: ‚Halfter an‘ heißt Arbeitszeit und lassen sich auf junge und alte Spazierführer ein.

Wie die Pferde sind Alpakas Flucht- und Herdentiere. Die Stuten können im Gegensatz zu Hund oder Pferd ganzjährig gedeckt werden. Das Zusammenleben mit Hengsten funktioniert in der Praxis nicht. Zuviel Raufereien und zu viel Streit unter den Stuten wären die Folge. Allein kann man die Tiere ebenso wenig halten, es ist sogar verboten. In ihrer Heimat werden sie in Herden von 300 bis 500 Tieren gehalten, die pro Jahr und Tier zwischen drei und fünf Kilo Wollhaar erzeugen. Die gesponnene Wolle ist sehr fein, weich, wärmend. Ein Pulli kann ohne weiteres auf der nackten Haut getragen werden. Ein 100-Gramm-Knäuel kostet allerdings knapp 20 Euro, das reicht für eine Mütze. In Deutschland werden Alpakas seit einigen Jahren nachgezüchtet. Ein Tier kostet schnell einmal 4000 Euro und mehr, was es, ganz pragmatisch, davor schützt, als Braten zu enden. Zu den Reicherts kommt einmal im Jahr im Sommer ein Profi-Scherer, „der legt das Tier auf den Tisch und befreit es in wenigen Minuten von seiner Wolle.“ Die Wollernte wird verschickt, professionell weiter verarbeitet und kommt als Knäuel zurück. Daraus werden kleine Tiere, Schmuck und Mützen gefertigt, die man bei den Wanderungen kaufen kann. Überhaupt sind diese Begegnungen in Vogtsreichenbach mit den Reicherts und den freundlichen, gelassenen Tieren richtige Events. Man kann ein Frühstück, eine Brotzeit oder einen Kindergeburtstag zur Wanderung buchen. Die Wurst, das Brot, der Kuchen, alles ist aus regionaler Herstellung, vieles aus Vogtsreichenbach selbst. Anja Reichert hat nicht nur ein Händchen für das Anrichten von Brotzeiten sondern weiß auch viel über diese faszinierenden Tiere und erzählt gerne und spannend.

Es lohnt sich also, an einer Alpaka-Tour teilzunehmen – aber bitte nur mit vorheriger Anmeldung und Vereinbarung unter
Telefon 01578/404 28 66 oder Mail
alpakas.vom.reichenbach@mail.de